Spätestens seit der TV-Serie „The Big Bang Theory“ ist Schrödingers Katze nicht nur Wissenschaftlern ein Begriff. Sie ist die Hauptdarstellerin in einem Gedankenexperiment, das der Nobelpreisträger Erwin Schrödinger bereits 1935 vorgeschlagen hat. Generationen von Wissenschaftlern zerbrechen sich seither den Kopf darüber, ob die Katze denn nun tot oder lebendig oder beides gleichzeitig ist. „Immer wenn ich von Schrödingers Katze höre, greife ich zu meinem Revolver“ kommentiert Stephen Hawking die anhaltende Debatte. Aber worum geht´s hier überhaupt?

Ursprung ist ein Phänomen der Quantenphysik, der sogenannten Überlagerung, eindrucksvoll belegt im „Doppelspalt-Experiment“: Demnach haben Objekte (z.B. Photonen) gleichermaßen die Eigenschaften von klassischen Wellen wie auch von klassischen Teilchen – was eigentlich ausgeschlossen sein sollte. Kurze Anmerkung der Redaktion: Hier geht`s zur Erklärung des Doppelspalt-Experiments.

Ein Objekt hat also gleichzeitig einen Wellen- und Teilchen-Charakter. Und jetzt kommt der entscheidende Punkt: Aber nur, solange das Objekt unbeobachtet ist! Sobald ein Beobachter, z.B. ein Meßgerät, ins Spiel kommt, entscheidet sich das Objekt für einen Zustand: entweder Welle oder Teilchen.

Stellen wir uns jetzt also Folgendes vor: Wir sperren eine Katze in eine verschlossene, unbeobachtete Box. Nehmen wir weiter an, dass sich in der Box ein instabiler Atomkern befindet, der bei seinem Zerfall ein Giftgas freisetzt und die Katze tötet. In der Box ist ein Geigerzähler, der den Zerfall des Atomkerns messen kann. Gemäß der Quantenphysik würde dies bedeuten: Solange kein Beobachter die Information der Messung des Geigerzählers erhält, befindet sich der Atomkern in einem Überlagerungszustand, nämlich: zerfallen oder nicht zerfallen. Also müsste sich die Katze ebenfalls in einem Überlagerungszustand befinden: tot oder lebendig. Erst wenn wir die Box öffnen, entscheidet sich der Zustand der Katze.

Ohne Wechselwirkung mit der Außenwelt befindet sich Schrödingers Katze in einem überlagerten Zustand. Sie ist sowohl lebendig als auch tot.
Ohne Wechselwirkung mit der Außenwelt befindet sich Schrödingers Katze in einem überlagerten Zustand. Sie ist sowohl lebendig als auch tot. © Wikipedia

Was in der mikroskopischen Welt der Atome vielfach bewiesen ist, lässt sich natürlich nicht so einfach auf die makroskopische Welt der Katze zu übertragen. Dennoch spiegelt dieses Experiment die paradoxen Phänomene der Quantenphysik wider. Das unbestrittene Ergebnis aber lautet: Dem Beobachter kommt eine entscheidende Rolle zu. Ohne die Beobachtung ist der Zustand eines Systems unbestimmt.

Was aber bedeutet dies für die Wahrnehmung unserer Wirklichkeit? Wie sieht die Realität aus, wenn gerade kein Beobachter zur Stelle ist? Prof. Dr. Anton Zeilinger, Professor am Institut für Experimentalphysik an der Universität Wien, erklärt in einem Interview: „Es stellt sich letztlich heraus, dass Information ein wesentlicher Grundbaustein der Welt ist. Wir müssen uns irgendwann davon verabschieden, dass eine Welt unabhängig von unserer Beobachtung und ohne unser Zutun existiert.“ Welche Rolle das menschliche Bewusstsein dabei spielt, bleibt vorerst ein Rätsel.

Der Physiker Bryce DeWitt, der gemeinsam mit John Wheeler die Wheeler-DeWitt-Gleichung aufstellte (eine Art Schrödingergleichung für die Wellenfunktion des Universums und eine der Grundlagen für die Quantengravitaion), bekennt: „Wohl keine Entwicklung der modernen Wissenschaft hat das menschliche Denken nachhaltiger beeinflußt als die Geburt der Quantentheorie. Jäh wurden die Physiker (…) aus jahrhundertealten Denkmustern herausgerissen und fühlten sich zur Auseinandersetzung mit einer neuen Metaphysik aufgerufen. Bis zum heutigen Tag währen die Qualen, die dieser Prozeß der Neuorientierung bedeutete. Im Grunde haben die Physiker einen schweren Verlust erlitten: Sie verloren ihren Halt in der Realität.“

 

Titelbild: © Spektrum der Wissenschaft / Daniela Leitner

Von Redaktion

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